Der vom Gesetzgeber finanzierte niedrige Personalschlüssel gestattet heute kaum das fachlich Wünschenswerte (und mit Blick auf die Bedeutung der frühkindlichen Bildung dringend Erforderliche). Derzeit heißt Betreuung oft nur noch:
Sicherstellung der Aufsichtspflicht, Erfüllung der Grundbedürfnisse, Beschränkung auf ein Mindestmaß an Bildungs- und Erziehungsarbeit. Das macht pädagogische Fachkräfte unzufrieden. Sie können und wollen mehr. Auch die Eltern wollen nicht nur Betreuungsplätze, sondern optimale Startbedingungen für ihre Kinder. Je jünger diese sind, desto wichtiger ist die Qualität ihrer Betreuung. Bei einer gesicherten Infrastruktur erübrigt sich die Quotendiskussion. Längst überfällig kann dann die Qualitätsdebatte ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit rücken. Für die Kleinsten brauchen wir Fachkräfte mit bester Qualifizierung – und zwar viele! Darüber hinaus müssen Leitungen teilweise und in größeren Einrichtungen fast gänzlich von der direkten Arbeit mit Kindern freigestellt werden. Leitungen dürfen nicht auf den Anstellungsschlüssel angerechnet werden. Sie sind die Manager/innen ihrer Kitas und müssen endlich als solche anerkannt werden.
Der Erzieherberuf ist eine Berufung, zu der eine gute Portion Leidenschaft gehört. Wegen ihrer Liebe zum Beruf und ihrer Gutmütigkeit konnten Erzieher/innen bisher schamlos ausgenutzt werden. Dabei entscheidet allein der politische Wille, wie viel Geld der Betreuungssektor "wert" ist. Unsere Regierung, die ansonsten ganz hemmungslos Steuermilliarden verschwendet, setzt diesen Wert offensichtlich so gering wie möglich an.
Die finanzpolitische Missachtung dieses Berufs ist auch einer der Gründe, warum so wenige Männer ihn ergreifen. Abgesehen davon, dass man – ob Mann oder Frau – mit einem so geringen Gehalt keine private Altersvorsorge aufbauen kann und Menschen aus Betreuungsberufen deshalb oftmals in die Altersarmut geraten, ist es auch während der aktiven Berufszeit nur schwer möglich, ein angemessenes Leben zu finanzieren. Wenn z.B. eine junge Erzieherin in München (aber auch andernorts) überhaupt Wohnraum findet, reicht den Vermietern ihr Einkommen als Sicherheit oft nicht aus. Sie muss für eine 1- bis 2-Zimmer-Wohnung knapp die Hälfte ihres Nettoeinkommens zahlen. Ein vernünftiges Auskommen, eigene Kinder, eine Teilhabe am kulturellen Leben, die Bildung einer Altersrücklage, um mit dem Eintritt ins Rentenleben nicht direkt in Armut zu landen, sind so nicht zu finanzieren. Vor allem in und um München haben nicht wenige Erzieher/innen einen Zweitjob, um über die Runden zu kommen. Manch pädagogische Fachkraft sitzt samstags im Supermarkt an der Kasse oder arbeitet abends in der Gastronomie, um ihr Gehalt aufzubessern. Wegen der miserablen Rahmenbedingungen wandern etliche gut ausgebildete Erzieher/innen auch ganz in andere Branchen ab – das verschärft den Fachkräftemangel zusätzlich.
Den Trägern von Kindertageseinrichtungen ist kein Vorwurf zu machen. Sie sind abhängig von den Fördergeldern, die sie aufgrund entsprechender Landesgesetze bekommen. Wenn also die Politik nicht handelt, wird sich schlichtweg nichts ändern. Um im Beruf der Erzieherin / des Erziehers nicht nur irgendwie "überleben" zu können, ist eine bessere Bezahlung mehr als überfällig. Beim Gehalt ist die Gleichstellung mit Grundschullehrer/innen absolut angemessen. Wenn der Staat mit hohem Anspruch die Qualitätsdebatte führt, darf er sich auch der Gehaltsdebatte nicht länger verweigern!